Habt ihr schon mal etwas von Greenwashing gehört? Da ich schon seit einigen Jahren in der Textilbranche tätig bin, konnte ich hautnah miterleben, wie Greenwashing betrieben wird. Das würde ich gerne mit euch teilen und euch kurz erklären, was Greenwashing genau ist und wie es besonders in der Fashionindustrie vorkommt.
Der englische Begriff leitet sich von den Wörtern ‚grün‘ und ‚waschen‘‘ ab. „Grün“ steht für Umweltschutz und „waschen“ wird mit „sich reinwaschen“ gleichgesetzt. Es ist also leider kein Prozess, um seine Textilien besonders nachhaltig zu waschen, sondern es waschen sich viele Unternehmen grün, indem sie durch PR Maßnahmen vorgeben umwelt- und verantwortungsbewusst zu agieren, obwohl sie keine oder oberflächliche Aktivitäten diesbezüglich in ihre Geschäftspraktiken umsetzen.
Hier ein Beispiel: Ein Unternehmen gibt bekannt, dass es jetzt teilweise mit erneuerbaren Energien betrieben wird. Das ist großartig! Jetzt fühlst Du dich besser, wenn Du ihre Dienste nutzt, oder? Was sie Dir nicht sagen, ist, dass nur 3% ihrer Server mit erneuerbarer Energie betrieben werden. Es ist im Grunde nur ein Köder für die wachsende Anzahl an umweltbewussten Konsumenten.
Oder ein großer Ölkonzern macht Werbung in Millionenhöhe für Solarenergie, obwohl nur ca. 3% seiner Investments in diesen Zweig flossen und die restlichen weiterhin in Erdöl. Solche Investitionen dienen lediglich der Verbesserung des Images und lenken von den tatsächlichen, meist nicht umweltbewussten oder sozial verträglichen Aktivitäten ab.
Solche Beispiele gibt es zuhauf. Logos werden von rot zu grün umgestaltet, es werden vage Maßnahmen bezüglich Umweltschutz versprochen und nicht in die Tat umgesetzt, man betitelt sich einfach als eines der nachhaltigsten Unternehmen der Welt, obwohl das schlichtweg nicht stimmt und, und, und.
Warum ist Greenwashing ein Problem?
Viele Unternehmen nutzen die wachsende Aufmerksamkeit zum Thema Nachhaltigkeit. Sie springen auf den Zug auf, dabei sind ihre Aktivitäten nicht wirklich aufrichtig. In Wahrheit ändert sich nichts für die Umwelt, die Umsatzsteigerung ist ihr wirkliches Ziel. Je mehr die umweltfreundliche / natürliche / grüne Bewegung wächst, desto mehr Vermarkter werden sie zu ihrem Vorteil nutzen. Ihr Hauptziel ist es, mehr Produkte zu verkaufen oder schlimmer noch von umweltzerstörenden Geschäftspraktiken abzulenken.
Greenwashing in der Textilindustrie
Die Textilindustrie ist dabei keine Ausnahme. Davon abgesehen, dass die Textilindustrie insgesamt 10% der globalen Kohlenstoffemissionen verursacht, sind Verschmutzung, menschenunwürdige Arbeitsbedingungen und eine intransparente Lieferkette immer noch Gang und Gebe. Welche Greenwashing Aussagen haben wir also in der Textilindustrie? Hier einige Beispiele:
- „aus 100% natürlicher Baumwolle…“. Baumwolle ist eine Naturfaser und hat aufgrund seiner Hautfreundlichkeit ein sehr positives Image. Bei dem konventionellen Baumwollanbau stehen allerdings immenser Pestizideinsatz, großer Wasserverbrauch, Gentechnik, Monokulturen, Kinderarbeit, Agrarvergiftungen etc. an der Tagesordnung. Sowohl aus ökologischer, als auch aus sozialer Sicht kann man nicht mehr von Natürlichkeit sprechen.
- Einige Unternehmen nutzen ihre eigenen Labels / Zertifizierungen in Sachen Umweltverträglichkeit. Kunden werden damit in die Irre geführt, da diese Labels nicht von unabhängigen Stellen verifiziert sind und somit praktisch keinen Aussagewert besitzen.
- Große Bekleidungshersteller werben mit dem teilweisen Einsatz von Biobaumwolle. Meistens ist es eine kleine Kollektion aus Biobaumwolle mit eigenem Label. Die restlichen Kollektionen sind weiterhin konventionell. Das sagt erstens nichts über die Arbeitsbedingungen aus und zweitens bleibt die generelle Ausrichtung des Unternehmens ebenfalls konventionell.
- Bio, aber immer noch Fast fashion: Solche „grünen“ Kollektionen, wie im obigen Punkt sind auch immer noch Teil der „Fast Fashion“ Industrie. Das bedeutet, dass die Hersteller an die 50 Mikrosaisons entwickeln und den Markt mit einer Masse günstiger Bekleidung überfluten. Diese Textilien - bio oder nicht - sind nicht gemacht, um Zeiten zu überdauern, sondern nach ein paar mal tragen wieder aussortiert zu werden. Viele Kleidungsstücke halten tatsächlich nicht mehr als zehn Waschgänge! In dem Moment, in dem der Kunde „die Klamotte“ trägt, ist sie auch schon wieder „out“. That's Fast Fashion.
- Ein bekannter Textilkonzern hat eine Initiative ins Leben gerufen, bei der aussortierte Kleidung abgegeben werden kann und als Gegenleistung wird dem Kunden ein Gutschein generiert. Er tut vermeintlich etwas Gutes und wird dafür sogar honoriert. Doch dahinter steckt mehr: Der Fast Fashion Kreislauf wird damit nur noch mehr in Schwung gebracht und somit auch die Wegwerfmentalität. Und wo landen die Altkleider? Leider noch zu oft in Entwicklungsländern, in denen dieses Prinzip das eigenständige Wirtschaften verhindert. Gewinner ist hier wieder der Großkonzern.
Tipps, um Greenwashing zu vermeiden
Woran erkennst du, ob sich Greenwashing hinter einer Kampagne versteckt? Um nicht selber hinters Licht geführt zu werden, ist es wichtig Produkte und Werbeversprechen von Unternehmen zu hinterfragen. Hier siehst du meine Tipps, um Greenwashing zu erkennen und somit eine bessere Kaufentscheidung zu treffen:
Siehst du eine großartiges „grünes“ Statement? Überprüfe es noch einmal. Gehe zu der Website des Unternehmens. Gibt es viele Informationen oder sind die Erläuterungen eher vage? Oder entdeckst du Ungereimtheiten? Zeigt sich das Unternehmen transparent und gewähren sie Einblicke in Ihre Arbeit?
Lenkt dich die Anzeige vom Gesamtbild des Unternehmens ab? Passt die Werbung zum Tätigkeitsbereich des Unternehmens? Vom eigentlichen Kern abzulenken, ist was alle „Greenwashing-Betreiber“ gemein haben. Schau genau hin!
Sind die Wörter irreführend? Sagen sie eine ganze Menge, aber nichts Handfestes aus? Gibt es wesentliche Informationen? Sind ihre Quellen für ihre Ansprüche wie tatsächliche Zertifizierungen oder nachweisbare Tatsachen?
Was ist mit ihren Logos und Grafiken? Sind sie alle grün? Zeigen sie wunderschöne Naturszenen? Versuchen sie, Ihnen das Gefühl zu geben, dass das Produkt natürlich ist, wenn es alles andere als das ist?
Fühlt sich die Behauptung zu gut an, um wahr zu sein? Wirkt das Werbeversprechen übertrieben? Glaubst du, der Werber kann es in die Tat umsetzen?
Wie ist dein Bauchgefühl? Ich bin mir ziemlich sicher, dass uns das gute, alte Bauchgefühl in die richtige Richtung führt. Vertraue dir selbst.
Im Zweifelsfall hilft uns die Internet Suchmaschine. Das Tolle am Internet ist, dass Unwahrheiten und Verschleierungen schnell ans Tageslicht kommen.
Doku-Tipp: Schau dir Dokumentationen wie "The true cost" oder "Die grüne Lüge" von Werner Boote an, um mehr über die Vorgehensweise bestimmter Industriezweige zu erfahren.
Macht mit und gebt Greenwashing keine Chance!
Mich macht es oft sprachlos, wie sich Unternehmen ein grünes Image verleihen, ohne dass sie es tatsächlich sind. Ich frage mich dann immer, wer genau hinter der Idee der Kampagne steckt. Wer treibt damit die Umweltzerstörung voran, obwohl es fahrlässig ist, für die Generationen nach uns eine zerstörte Welt zu hinterlassen.
Ich finde es umso schöner zu sehen, dass es sehr viele Menschen gibt, die das nicht unterstützen und für einen besseren Umgang mit der Natur einstehen.
Ich hoffe ich konnte euch für das Thema Greenwashing sensibilisieren und wir achten alle zusammen darauf Produkte zu konsumieren, die einen Mehrwert für die Gesellschaft darstellen.
Und falls ihr noch weitere Tipps oder Anregungen habt, meldet euch an und kommentiert gerne. Es würde mich freuen, wenn eure Erfahrungen zum Thema Greenwashing mit uns teilt.
Nadja
https://www.weforum.org/agenda/2020/01/fashion-industry-carbon-unsustainable-environment-pollution/ https://www.nytimes.com/interactive/2019/climate/sustainable-clothing.html#:~:text=A%20separate%20study%20found%20that,of%20textile%20waste%20per%20year.
https://www.dasgrad.com/ausgabe/artikel/greenwashing-das-geschaeft-mit-dem-image
https://blog.greenpeace.de/artikel/skandal-um-hm)
Comments